Plattformökonomie
Partizipativ und interdisziplinär: So entstanden die Eckpunkte für eine faire Plattformökonomie
Veröffentlicht am 05. Feb 2021
Die Eckpunkte zur Plattformökonomie sind das Ergebnis eines intensiven Dialogs mit Plattformtätigen, Plattformenbetreiber*innen, Gewerkschaften sowie Wissenschaftler*innen zu den Entwicklungen der Plattformwirtschaft.
Die Eckpunkte „Faire Arbeit in der Plattformökonomie“ sind das Ergebnis eines zweijährigen, intensiven Dialogprozesses: Die Abteilung Denkfabrik hat die Entwicklungen der Plattformwirtschaft in den letzten Jahren intensiv begleitet. Insbesondere Online-Plattformen zur Vermittlung von Arbeit und Dienstleistungen standen im Fokus mehrerer Veranstaltungen und Workshops, die wir seit 2018 realisiert haben. Dabei organisierten wir den Austausch zwischen Plattformtätigen, Plattformbetreiber*innen, Gewerkschaften und Vertreter*innen aus der Wissenschaft. Die Eckpunkte berücksichtigen die in diesem Dialog gewonnenen Erkenntnisse und beschreiben die arbeits- und sozialpolitischen Auswirkungen einer wachsenden Plattformwirtschaft.
Die Denkfabrik vernetzte relevante Akteur*innen der Plattformwirtschaft
Das 2016 veröffentlichte Weißbuch Arbeiten 4.0 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) identifizierte digitale Arbeitsplattformen als eines der Spannungsfelder der Arbeitswelt 4.0. Mit dem Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode setzte sich die Bundesregierung das Ziel, ein „level playing field“ für Plattformen zu schaffen, das auch die Rechte von Plattformtätigen und Verbraucher*innen in den Blick nimmt. Mit ihrer Gründung im Herbst 2018 machte die Denkfabrik das Thema Plattformen zu einem ihrer Schwerpunktthemen.
Den Auftakt des Prozesses bildete der Workshop „Arbeitsorganisation im Wandel“ als Teil des Zukunftsdialogs „Neue Arbeit, Neue Sicherheit“ im Dezember 2018. Wissenschaftler*innen, Vertreter*innen aus Verbänden und Gewerkschaften sowie Beschäftigte, Selbstständige und Betriebsrät*innen diskutierten über den notwendigen rechtlichen Arbeitsschutz vor dem Hintergrund der Digitalisierung und Flexibilisierung der Beschäftigung.
Im Februar 2019 wurde der Dialog mit relevanten Akteur*innen fortgesetzt. Plattformtätige und Plattformbetreiber*innen hatten im Rahmen von Hearings die Möglichkeit, ihre Perspektive sowie Lösungsansätze darzustellen. Datentransparenz, Rechte und Pflichten von Plattformbetreiber*innen, die Abgrenzung zwischen (Solo-) Selbstständigkeit und Arbeitnehmerstatus waren dabei wichtige Themen.
Darauf aufbauend organisierte die Denkfabrik im Mai 2019 zwei jeweils viertägige Zukunfts-Labs. In zwei getrennten Gruppen, jeweils bestehend aus Plattformtätigen aus dem Bereich der Gig- und Online-Arbeit, Plattformbetreiber*innen, Vertreter*innen von Gewerkschaften sowie Wissenschaftler*innen, wurden Herausforderungen der Plattformökonomie beschrieben sowie Lösungsansätze entwickelt. Die zentrale Fragestellung war, ob Plattformtätige eine größere (sozial-) staatliche Unterstützung benötigen. Es fand ein intensiver Austausch darüber statt, wie die Bedürfnisse und Ansprüche von Plattformtätigen mit den Interessen der Plattformunternehmen zu vereinbaren sind und inwiefern der Gesetzgeber dabei tätig werden kann oder sollte. Mehr Augenhöhe zwischen Plattformtätigen und -betreiber*innen war auch Thema zweier Diskussionsrunden auf den Digital-Gipfeln 2019 und 2020 mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Vertreter*innen aus der Praxis sowie der Sozialpartner.
Mit den Eckpunkten zu mehr Fairness in der Plattformökonomie
Die Erkenntnisse aus den unterschiedlichen Formaten bilden eine wesentliche Grundlage für die im November 2020 veröffentlichten Eckpunkte. Ziel ist ein rechtlicher Rahmen, der Plattformtätigen, Unternehmen und Verbraucher*innen ermöglicht, die Potenziale der Plattformökonomie zu nutzen. Das BMAS will faire Arbeit in der Plattformökonomie sicherstellen und dafür neue Chancen mit bewährtem Schutz verbinden. Solo-Selbstständige in der Plattformökonomie sollen Zugang zu elementaren arbeits- und sozialrechtlichen Schutzmechanismen erhalten und Unternehmen die Gewissheit haben, bei zentralen Tätigkeits- und Beschäftigungsbedingungen ein „level-playing-field“ vorzufinden.
Die Denkfabrik hat im Februar 2019 zunächst im Rahmen so genannter Hearings mit Akteur*innen aus dem Bereich der Plattformökonomie ein Lagebild erstellt. Sowohl Plattform-Beschäftigte (die ihre Leistung auf der Plattform erbringen oder über sie vermittelt werden) als auch Plattformbetreiber*innen wurden zum Austausch eingeladen und stellten ihre Sichtweisen sowie Herausforderungen und mögliche Handlungsansätze dar. Datentransparenz, Rechte und Pflichten von Plattformbetreiber*innen, die Abgrenzung zwischen (Solo-) Selbstständigkeit und Arbeitnehmerstatus waren hier wichtige Gesprächsthemen.
Im Mai 2019 hat die Denkfabrik zudem zwei jeweils viertägige Zukunfts-Labs mit einer interdisziplinären Gruppe aus Wissenschaft und Praxis zum Thema Plattformökonomie veranstaltet. Als roter Faden wurde dabei die Frage diskutiert, ob Plattformarbeiter*innen eine größere (sozial-)staatliche Unterstützung benötigen, als dies im bestehenden System der Fall ist. Es wurde insbesondere beleuchtet, welche Bedürfnisse und Ansprüche Plattformarbeiter*innen haben und welches Interesse Staat, Wirtschaft und Gesellschaft an veränderten Rahmenbedingungen haben könnten. Die von den Labs erarbeiteten Handlungsvorschläge fließen in die weitere Arbeit der Denkfabrik ein.