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Arbeitsgesellschaft 2040

Digitale Kompetenzen in innovativen Technologien im Fokus

Veröffentlicht am 27. Aug 2021

Was sind digitale Kompetenzen und wie verbreitet sind sie? Was uns die Daten des Karrierenetzwerk LinkedIn über den Kompetenzwandel in der Arbeitswelt verraten.

von Kristin Keveloh (LinkedIn) und Michael Maier (Abteilung Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft)

Neue digitale Technologien führen zu einer stärker datenbasierten Wirtschaft, einer zunehmenden Zahl digitaler Geschäftsmodelle und dem innovativen Einsatz von KI-Anwendungen, bringen Chancen aber auch neue Herausforderungen für die Arbeitsgesellschaft mit sich. Mit ihrem Einsatz wandeln sich insbesondere auch die von den Beschäftigten benötigten und geforderten Kompetenzprofile. Dieser Kompetenzwandel kann einerseits als Folge der Automatisierung von Tätigkeiten in bestimmten Bereichen des Arbeitsmarkts entstehen. Erwerbstätige bauen dann Kompetenzen aus oder entwickeln neue Kompetenzen für Tätigkeiten, die Maschinen nicht übernehmen können. Andererseits kann der Einsatz neuer Technologien auch Kompetenzen ganz neuer Art erfordern. Wie bedeutend sind digitale Kompetenzen jetzt schon auf dem Arbeitsmarkt? Und wie schnell finden neuartige digitale Kompetenzen Verbreitung? Eine Kooperation zwischen LinkedIns Economic Graph und der Abteilung Denkfabrik Digitale Arbeitsgesellschaft geht diesen Fragen nach.

Die Daten des LinkedIn-Netzwerks - eines der größten digitalen Karrierenetzwerke - erfassen Kompetenzen in einer großen Detailtiefe. Im Vergleich zu Kompetenzdaten, die über Expert*innen- oder Beschäftigtenbefragungen erhoben werden, werden die Informationen fortlaufend erfasst und können daher zum jeweiligen Analysezeitpunkt aktuell abgerufen werden. Damit lassen sich neueste Trends am Qualifikationsmarkt abbilden.

Das berufliche Netzwerk LinkedIn vernetzt Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen und bietet eine Plattform zum Informationsaustausch, zur Jobsuche, zur Weiterbildung und Vernetzung. Alle LinkedIn-Mitglieder haben die Möglichkeit, auf ihrem Profil ihre Fähigkeiten anzugeben. Den Profilen der Mitglieder stehen Stellenanzeigen gegenüber, die von Unternehmen über die Plattform veröffentlicht werden. Weltweit gibt es derzeit etwa 750 Mio. LinkedIn-Mitglieder und Informationen über 14 Mio. offene Stellen.

Durch die Überführung in eine Taxonomie von Kompetenzen sind die angegebenen Fähigkeiten der Mitglieder auf anonymisierte Weise statistisch auswertbar. Die Taxonomie enthält derzeit etwa 35.000 Fähigkeiten und wird ständig aktualisiert, indem neu aufkommende Fähigkeiten der Mitglieder durch Algorithmen erfasst werden. Die genannten Fähigkeiten stellen Selbsteinschätzungen dar, können aber durch das persönliche Netzwerk der Mitglieder befürwortet werden.

Die Daten des Karrierenetzwerks umfassen die unterschiedlichen Bereiche des deutschen Arbeitsmarkts nicht in gleichem Maße. Einige Branchen und Regionen sind stärker vertreten als andere. Daten liegen vor allem zu den Wirtschaftszweigen „Industrie“, „freiberufliche, wissenschaftliche, technische Dienstleistungen“ und „Information und Kommunikation“ vor. Im Gegensatz zur amtlichen Statistik sind die Teilnahme am LinkedIn-Netzwerk und die Angaben der Mitglieder freiwillig.

Digitale Kompetenzen können in die Kategorien der Anwendungs- und der Fachkompetenzen aufgeteilt werden (siehe Abbildung 1). Digitale Anwendungskompetenzen sind Fähigkeiten, die bspw. für die Nutzung bestehender Software oder der Teilnahme an Online-Plattformen benötigt werden. Darunter befinden sich auch recht allgemeine Kompetenzen, wie bspw. die Anwendung von Microsoft Office. Digitale Fachkompetenzen hingegen erfordern weitergehende Kenntnisse. Sie beinhalten Fähigkeiten wie bspw. die Anpassung bestehender Software an komplexe, individuelle unternehmerische Anforderungen oder auch die Entwicklung neuer Software. Einen besonderen Bereich in dieser Kategorie stellen digitale Fachkompetenzen dar, die in innovativen, disruptiven Technologien wie KI, Cloud Computing und Blockchain benötigt werden.

  • Die Darstellung zeigt verschiedene Arten digitaler Kompetenzen nach Definitionen von LinkedIn. Sie sind wie folgt strukturiert:

    • Kompetenzen
      • Soft Skills
      • Digitale Kompetenzen
        • Digitale Anwendungskompetenzen
        • Digitale Fachkompetenzen
          • Digitale Fachkompetenzen für disruptive Technologien
      • Business Skills
      • Branchenspezifische Kompetenzen

    Für weitere Informationen zu LinkedIn-Kompetenzclustern siehe auch: World Bank Group, LinkedIn (2018), Data insights: Jobs, skills and migration trends methodology & validation results, Appendix F.

     

Digitale Kompetenzen spielen in den letzten Jahren eine immer größere Rolle. Das wird beim Blick auf die Fähigkeiten, die LinkedIn-Mitglieder ihren Profilen zufügen, deutlich. Allerdings sind LinkedIn-Mitglieder vermutlich im Durchschnitt auch digital-affiner als der Durchschnitt der Beschäftigten.

Digitale Kompetenzen wurden im Vergleich zu allen anderen Kompetenzarten (bspw. Soft Skills oder Business Skills) von den LinkedIn-Mitgliedern zwischen den Jahren 2015 bis 2020 in Deutschland häufiger hinzugefügt (siehe Abbildung 2). Dieser Trend ist besonders bei den digitalen Kompetenzen für disruptive Technologien ausgeprägt, d. h. es werden häufiger Digitalkompetenzen für die Anwendung und Entwicklung ganz neuer Technologien hinzugefügt, wie beispielsweise KI, Augmented und Virtual Reality oder Robotik. Die Zunahme von Digitalkompetenzen ist für das Jahr 2020 allerdings leicht rückläufig. Dieser Rückgang überrascht in Anbetracht der Corona-Krise und der damit verbundenen stärkeren Ausbreitung digitaler Arbeit, bspw. mobiler Arbeit. Der Anteil digitaler Anwendungskompetenzen ist mit einem zwischenzeitlichen leichten Rückgang insgesamt konstant geblieben.

  • Die Abbildung zeigt ein Liniendiagramm auf welchem die Entwicklung der von den LinkedIn-Nutzenden genannten Digitalkompetenzen in Deutschland abgebildet ist. Auf der X-Achse ist die Zeit abgebildet, auf der Y-Achse die Prozentangabe des Entwicklungsstandes. Ausgehend von einem Wert von 100 Prozent im Jahr 2015 liegt der Wert für Digitale Fachkompetenz für disruptive Technologien im Jahr 2020 bei über 150 Prozent, für digitale Kompetenzen und digitalen Fachkompetenzen bei etwa 110 Prozent und für digitale Anwendungskompetenz etwa bei 100 Prozent.

     

Trotz ihrer gestiegenen Verbreitung bilden digitale Kompetenzen nur einen Teil der aktuell bedeutendsten Kompetenzen in den Profilen der LinkedIn-Mitglieder. Unter den in den letzten drei Jahren am häufigsten hinzugefügten Kompetenzen befinden sich digitale Kompetenzen - aber nicht ausschließlich (Tabelle 1). Auffällig ist, dass im Jahr 2020, also während der Corona Pandemie, im Vergleich zu den Vorjahren weniger digitale Kompetenzen unter den am häufigsten hinzugefügten Kompetenzen sind. 2020 waren nur fünf der 20 am häufigsten zugefügten Kompetenzen digitale Kompetenzen, während es 2019 elf von 20 und 2018 sogar 15 von 20 waren.

Aber auch schon in den Jahren 2018 und 2019 zeigt sich eine gewisse Dynamik der Kompetenzentwicklung im digitalen Bereich. Denn von Jahr zu Jahr treten zum einen immer wieder andere digitale Kompetenzen unter den am häufigsten hinzugefügten Kompetenzen auf. Zum anderen gibt es aber auch Kompetenzen, die sich in allen drei Jahren kontinuierlich unter den Top 20 befinden. Beispielsweise weisen Kompetenzen in agilen Methoden einen relativ starken Anstieg in jedem der Jahre auf.

Tabelle 1: Die jährlich am häufigsten hinzugefügten spezifischen Kompetenzen der LinkedIn-Nutzer*innen

Quelle: LinkedIn. Übersicht der Fähigkeiten, die im Vergleich zum Vorjahr am häufigsten von Mitgliedern zugefügt wurden. Von LinkedIn definierte digitale Kompetenzen sind hervorgehoben. Für weitere Informationen zu LinkedIn Kompetenzclustern siehe auch: World Bank Group, LinkedIn (2018), Data insights: Jobs, skills and migration trends methodology & validation results, Appendix F. Generische Fähigkeiten wie Microsoft Word oder Fremdsprachenkenntnisse wurden ausgeschlossen.
Platz201820192020
1JiraCommunicationAnalytical Skills
2CommunicationAnalytical SkillsAccounting
3Agile MethodologiesProcess OptimizationAgile Project Management
4ScrumGitFinance
5GitDigital MarketingProject Coordination
6PythonJiraStrategy
7ProgrammingBusiness-to-Business (B2B)Consultation
8Machine LearningDesign ThinkingSales Management
9Intercultural CommunicationGraphic DesignInformation Technology
10RMachine LearningTraining
11Design ThinkingSearch Engine Optimization (SEO)Engineering
12Digital MarketingCoachingSales & Marketing
13SQLWordpressLogistics Management
14Web DevelopmentRecruitingAutomation
15LinuxCustomer Relationship ManagementTechnical Support
16Data AnalysisIntercultural CommunicationDigital Transformation
17AutomotiveScrum (Software Paket)Advertising
18Windows Software Development ToolsAgile Methodologies (Softwareentwicklung)Account Management
19CoachingProduct ManagementCustomer Service
20Software DevelopmentPhotographyData Science

Der fortschreitende Kompetenzwandel in Deutschland lässt sich auch im internationalen Vergleich beobachten (Abbildung 3). Gemessen werden kann dies an der relativen Durchdringung von Digitalkompetenzen, also wie häufig digitale Kompetenzen im Vergleich zu anderen Kompetenzen von LinkedIn-Mitgliedern hinzugefügt werden. Deutschland ist im Ranking seit 2016 von Platz 8 auf Platz 4 gestiegen.

Tabelle 2: Häufigkeit genannter Digitalkompetenzen im internationalen Vergleich

Quelle: LinkedIn.
Platz20162017201820192020
1USAUSAUSAUSAUSA
2GroßbritannienGroßbritannienGroßbritannienGroßbritannienGroßbritannien
3FrankreichFrankreichFrankreichFrankreichFrankreich
4ItalienItalienItalienItalienDeutschland
5SpanienSpanienSpanienSpanienItalien
6NiederlandeDeutschlandDeutschlandDeutschlandSpanien
7AustralienChinaNiederlandeAustralienAustralien
8DeutschlandNiederlandeAustralienNiederlandeNiederlande
9ChinaAustralienChinaChinaChina
10SchwedenSchwedenSchwedenSchwedenSchweden
11IrlandIrlandIrlandIrlandIrland

Die Darstellung basiert auf dem von LinkedIn entwickelten Skills-Genom-Index, der die Top 50 für einen Jobtitel „sowohl einzigartigen und repräsentativen“ Kompetenzen erfasst und dann den Anteil der von LinkedIn als digitalen Kompetenzen klassifizierten Kompetenzen an diesen errechnet. Die Durchdringung mit digitalen Kompetenzen in einem Land ist definiert als der durchschnittliche Anteil, den digitale Kompetenzen in den Skills-Genomen aller Jobtitel in diesem Land darstellen. Um einen internationalen Vergleich zu ermöglichen, ist die relative Durchdringung mit digitalen Kompetenzen definiert als Verhältnis zwischen der Durchdringung mit digitalen Kompetenzen in einem Land und der durchschnittlichen Durchdringung mit digitalen Kompetenzen in allen Ländern. Weitere Informationen sind in der methodischen Anmerkung des OECD.AI Policy Observatoriums (OECD.AI) zu finden (https://oecd.ai/methodology).