Künstliche Intelligenz
KI-Strategien im internationalen Vergleich
Veröffentlicht am 12. Nov 2018
Deutschland hat sich auf eine KI-Strategie verständigt. Doch wo steht die Bundesrepublik im internationalen Vergleich? Ein Einblick in die Herangehensweisen anderer Länder und die KI-Strategie der EU.
Viele Länder haben bereits Strategien zur Gestaltung von Künstlicher Intelligenz veröffentlicht. Es zeigt sich: Jedes Land setzt seine ganz eigenen Schwerpunkte, wenn es darum geht, KI-Systeme im privaten und öffentlichen Sektor zu implementieren und voranzubringen. Die Ansätze reichen von Forschung und Ethik bis hin zu digitaler Infrastruktur oder Weiterbildung. Die Herangehensweise der EU zielt darauf ab, eine führende Position Europas im KI-Bereich zu etablieren sowie die engere Zusammenarbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten zu fördern.
USA
Die USA nehmen bei der Entwicklung von KI-Systemen eine führende Position ein. Das liegt einerseits an der technologischen Innovationskraft, andererseits an etablierten Kooperationsstrukturen zwischen Behörden, Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Die Regierung in Washington will die Spitzenposition auch in Zukunft verteidigen und die globale Entwicklung von KI im Sinne amerikanischer Interessen gestalten. Im Februar 2019 hat die Administration die wichtigsten Handlungsfelder im Rahmen der Exekutivverordnung American AI Initiative formuliert. Die amerikanische Regierung legte grundsätzliche Ziele fest, die sich stark an den Prinzipien der freien Marktwirtschaft orientieren. Die amerikanische Führungsposition im Bereich der KI-Technologien soll bewahrt, die amerikanischen Erwerbstätigen unterstützt und öffentliche Forschung und Entwicklung gefördert werden. Außerdem plant die Regierung, Innovation durch den Abbau von Regulierung zu erleichtern, um amerikanischen Unternehmen mehr Flexibilität und Wachstum zu ermöglichen.
Frankreich
Auch Frankreich erhebt den Anspruch auf eine globale Führungsposition in den Bereichen Forschung, Ausbildung und Industrie. Die französische Regierung möchte mit ihrer im März 2018 präsentierten Strategie AI for Humanity die wirtschaftlichen Voraussetzungen für KI-Anwendungen verbessern, um für internationale Spitzenforscher*innen attraktiver zu werden. Dafür richtet sie vier bis fünf neue Forschungszentren ein. Außerdem wird sie eine offene Datenpolitik einführen für die Anwendung von KI-Systemen in Bereichen, in denen Frankreich große Potenziale für sich sieht – wie dem Gesundheitswesen. Durch regulative und finanzielle Rahmenbedingungen will die Regierung zudem die eigenen Talente fördern und ethische Standards entwickeln, um die Anwendung und Weiterentwicklung von KI-Technologien transparent und fair zu gestalten. Die Regierung strebt eine Reform im Bildungssystem an: IT-Kompetenzen sollen in der gesamten Bevölkerung gestärkt werden. Die französische Strategie wird koordiniert und umgesetzt durch das Nationale Forschungsinstitut Inria.
Großbritannien
Die britische Regierung veröffentlichte im April 2018 den Artificial Intelligence Sector Deal, der im Mai 2019 aktualisiert wurde. Das Papier, das als Teil einer größeren industriepolitischen Strategie für die Entwicklung der Industrie zu verstehen ist, kündigt eine verstärkte Kooperation zwischen der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Regierung an. Die britische Regierung möchte das Potenzial von KI nutzen, um das Wirtschaftswachstum zu fördern und Innovationen zu stärken. Öffentliche und private Forschung und Entwicklung soll unterstützt, in MINT-Ausbildungen investiert und die digitale Infrastruktur des Landes ausgebaut werden. Besonders in Fragen ethischer Standards möchte Großbritannien eine Vorreiterrolle einnehmen. Dazu wurde das Centre for Data Ethics and Innovation gegründet. Die britische Strategie wird durch das Office for Artificial Intelligence koordiniert.
China
In ihrem offiziellen New Generation of Artificial Intelligence Development Plan von Juli 2017 legte die chinesische Regierung eine umfangreiche Strategie vor: Mit Initiativen für Forschung und Entwicklung, Talentförderung und fachspezifischen Bildungsmaßnahmen sowie Sicherheit will sich das Land bis 2030 als Weltmarktführer in Sachen Künstliche Intelligenz etablieren. Die chinesische Regierung will bis dahin 150 Milliarden Dollar in KI-Technologien investiert haben. Um das ambitionierte Ziel zu erreichen, setzt die Regierung insbesondere auf die Entwicklung vernetzter Produkte und intelligenter Support-Systeme sowie den Ausbau der Infrastruktur. Zusätzlich baut sie ihre Zusammenarbeit mit privaten Tech-Firmen aus. 2019 legte das chinesische Ministerium für Wissenschaft und Technologie Richtlinien für verantwortliche KI vor.
Japan
Bereits 2016 rief die japanische Regierung einen Strategischen Rat für KI-Technologie ins Leben. Seine nationalen Forschungs- und Entwicklungsziele wurden im März 2017 unter dem Namen Artificial Intelligence Technology Strategy veröffentlicht. Japan war damit nach Kanada das zweite Land mit einer nationalen Strategie. Die Entwicklung von KI-Systemen in Japan soll sich nach den ethischen Prinzipien richten, die im Dokument Social Principles of Human-Centric AI aufgelistet wurden: Dazu gehören Würde, Diversität und Nachhaltigkeit. Im Juni 2019 hat die japanische Regierung eine aktualisierte Strategie veröffentlicht, unter dem Titel AI for Everyone: People, Industries, Regions and Governments. Das Ziel der Regierung ist, das soziale Leben dank der KI-Technologie grundlegend zu verändern und die lokalen und globalen Herausforderungen in den Bereichen Gesundheit, Logistik, Produktion sowie Fachkräftemangel zu meistern.
EU
Die gemeinsame Strategie aller EU-Staaten ist im internationalen Kontext zu betrachten. Besonders die USA und China haben das Potenzial von KI-Technologien erkannt und entsprechende Entwicklungen bereits sehr stark vorangetrieben. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, legte die Europäische Kommission einen gemeinsam mit den Mitgliedstaaten ausgearbeiteten, Koordinierten Plan vor. Das im Dezember 2018 veröffentlichte Papier bietet einen strategischen Rahmen für die nationalen KI-Strategien der einzelnen EU-Staaten und hat zum Ziel, Synergien zwischen den Mitgliedsstaaten zu erkennen und Best Practices zu teilen. Darüber hinaus will die EU folgende Maßnahmen umsetzen: die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie stärken, Innovationen und Startups fördern, die Verfügbarkeit von Daten verbessern und gemeinsame europäische Datenräume schaffen. Die Entwicklung von KI-Systemen muss darüber hinaus ethischen Standards entsprechen. Im Februar 2020 veröffentlichte die Europäische Kommission im KI-Weißbuch ihre Vorschläge für einen sicheren und verantwortungsvollen Umgang mit Künstlicher Intelligenz. Dieser Ansatz soll einerseits die Nutzung von KI fördern, andererseits die mit der Technologie einhergehenden Risiken eindämmen. Die Schaffung von sogenannten Ökosystemen für Vertrauen und Exzellenz ist ein zentraler Bestandteil der europäischen Herangehensweise. Die EU will die Chancen von KI-Systemen ergreifen und weltweit hochmoderne, ethische und sichere Standards für KI-Anwendungen durchsetzen.
Neben diesen Ländern haben viele weitere seit 2017 ihre Pläne veröffentlicht. Deutschland reiht sich mit seiner KI-Strategie ein.